Auf dem Rad gegen §218 StGB und für körperliche Selbstbestimmung

Mehr als 30 coole Feminist:innen demonstrierten am Samstag, 15. Mai 2021 auf Merseburgs Straßen gegen den §218 StGB, der Schwangerschaftsabbrüche seit 150 Jahren kriminalisiert. Zum bundesweiten Aktionstag „150 Jahre Widerstand gegen §218“ hatte das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung mit der Kampagne weg mit §218 aufgerufen.

Die Gesetzeslage muss sich ändern – weg mit §218!

Die Demonstrierenden forderten die Politik dazu auf, Schwangerschaftsabbrüche rechtlich als eine normale Gesundheitsleistung zu regeln und selbstbestimmte körperliche Entscheidungen zu ermöglichen. Es geht nicht darum, Abbrüche pauschal zu befürworten oder zu verharmlosen, sondern darum, ungewollt schwangere Personen nicht länger systematisch zu entmündigen. Die momentane Gesetzeslage schränkt FLINTA- also Frauen, Lesben, Intersexuellen Menschen, nonbinären, trans- und agender Personen –  in ihren freien Entscheidungen über ihren Körper ein. Doch die Reproduktionsrechte von FLINTA sind nicht verhandelbar! Ungewollt schwangeren Menschen muss uneingeschränkt medizinische Hilfe sowie gesellschaftliche Akzeptanz entgegen gebracht und körperliche Selbstbestimmung eine Selbstverständlichkeit werden.

Mit Sonnenschein und Mucke durch die Stadt

Die Aktivist:innen trafen sich um 13:30 Uhr am Campus der Hochschule Merseburg, wo erstmal Schilder und Fähnchen an den Fahrrädern befestigt wurden, um auch während des Fahrens eine Außenwirkung entfalten zu können! So strahlte von jedem zweiten Gepäckträger #wegmit218 oder #prochoice entgegen.

Um 13:45 Uhr ging es los zur ersten Zwischenkundgebung vor dem Amtsgericht in der Geusaer Straße. Dort wurde die geschichtliche Entstehung des §218 thematisiert, der am 15.05.1871 ins Reichsstrafgesetzbuch geschrieben wurde, Schwangerschaftsabbrüche bis heute kriminalisiert und pauschal unter Strafe stellt.

Anschließend fuhr die Menge „My body, my choice, our rights, our voice!” und “Für die Freiheit, für das Leben, Selbstbestimmung muss es geben“ rufend durch Merseburg-West und Richtung Innenstadt. Nach zwei Runden um den Kreisverkehr am Gotthardteich zu „That Don’t Impress Me Much“ von Shania Twain hielt der Demozug vor dem Hauptbahnhof. Im zweiten Teil des in vier Abschnitte unterteilten Beitrags zur Geschichte des §218 wurden die 20er und 40er Jahre in Deutschland beleuchtet. Eine weiblich gelesene Person berichtete von ihrer Wut, die sie bei der Zusammenstellung einer Demoplaylist packte: Statt empowernder, ehrlicher Songs fand sie fast ausschließlich Lieder von fundamentalisitischen Bands, die abtreibende Personen als Mörder:innen besangen.

Vier Zwischenkundgebungen und feministische Inhalte

Der dritte Zwischenstopp fand nach einer nochmaligen Runde über den Kreisverkehr am Entenplan statt, im Redebeitrag wurde die so genannte „zweite Welle“ der Frauenbewegung der 60er und 70er betrachtet und wie sie die Debatte um den Paragraphen 218 veränderte. Durch die Innenstadt, über das Rosental ging es zum Carl-Basedow-Klinikum. Dort wurden die in Hinblick auf Schwangerschaftsabbrüche unzureichende gynäkologische Ausbildung und die in Deutschland verbreiteten Abbruchmethoden thematisiert.

Ein Gastbeitrag des Vereins doctors for choice beschrieb, wie die Coronapandemie 2020 die miserable Lage von ungewollt Schwangeren verstärkte, da gerade die verpflichtenden Beratungsgespräche teilweise nicht stattfanden oder für den Abbruch notwendige Formulare nicht online eingereicht werden konnten. Gemeinsam ging es abschließend zum Bahnhof zurück, wo die Demonstration dann nach noch einigen weiteren feministischen Kopfnick-Songs um 16:30 Uhr beendet wurde.

Danke für eure Teilnahme

Das Orga-Team aus verschiedenen aktiven Menschen in Merseburg bedankt sich bei allen Teilnehmenden für ihr zahlreiches Erscheinen und dafür, dass so ein wichtiges feministisches Thema auf die Straßen getragen wurde! Denn Feminismus braucht‘s in jeder Stadt, egal wie groß, wie klein, bekannt oder unbekannt sie ist. Die Demonstration war zwar nicht offiziell Teil unseres feministischen Festivals lücken_los, aber ein grandioser Abschluss einer feministisch besetzten Woche!

Wenn du Lust hast, künftig bei solchen Demonstrationen mit zu organisieren, schreib uns gerne eine Mail. Wir connecten dich dann mit den richtigen Leuten.

Ärzt:innen dürfen zwar nicht über Schwangerschaftsabbrüche informieren – jede:r andere absurderweise aber schon! Wenn du etwas für die gesellschaftliche Akzeptanz von Schwangerschaftsabbrüchen und gegen die Desinformation tun möchtest, verbreite dieses Thema im Internet und in deinem Bekanntenkreis. Nutz dafür gerne die Internetseiten, die im Beitrag verlinkt sind als Einstieg.

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